Mit Doppelspitze in die Zukunft

Interview mit den Chefärztinnen der Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (KiJu) auf Schloss Eichholz

 

23.01.2022

Lesezeit: 8 Minuten

KATEGORIE: Unternehmen, Personal

Autor: Elena Ettlin

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v.l.n.r.: Chefärztin Angelika Rieck und Chefärztin Dr. med. Leonie Drees

Seit dem 1. Januar 2023 gibt es in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (KiJu) auf Schloss Eichholz eine neue Leitung. Angelika Rieck und Leonie Drees sind als Doppelspitze in der Funktion der Chefärztinnen gestartet. Gleichzeitig wurden auch andere wichtige Positionen neu besetzt. Während Angelika dem Gezeiten Haus bereits seit einiger Zeit verbunden ist, wechselte Leonie aus Kassel nach Schloss Eichholz. Sie war zuletzt als Oberärztin in der Kinder- und Jugendpsychiatrie im niedersächsischen Wunstorf tätig. Wir haben beide zu einem ersten Interview getroffen.

 

Wie sind Sie zum Gezeiten Haus gekommen?
Leonie: Ich bin tatsächlich über eine Headhunterin zum Gezeiten Haus gekommen. Ich habe mir das dann angeschaut und fand es sehr überzeugend. Insbesondere das Konzeptionelle hat mir sehr zugesagt, zudem mag ich sehr, dass die Klinik von der Anmutung her klein und familiär ist. Auch die Unternehmenskultur hat mich sehr angesprochen. Ich erhoffe mir davon, dass wir eine qualitativ sehr hochwertige Arbeit leisten und eng zusammenarbeiten können.

Angelika: Ich bin ja schon eine ganze Weile hier, war 2016 ja sogar beim Start dabei und kenne das Haus sehr gut. Das Verrückte ist, dass es mich nie losgelassen hat, obwohl ich dem Gezeiten Haus schon zweimal „adieu“ gesagt habe, aber eben auch zweimal zurückgekommen bin. Ich liebe einfach die Atmosphäre im Haus und diesen Garten. Das ist eng mit bestimmten Persönlichkeiten verbunden, die für mich einfach „Gezeiten Haus“ sind. Ich fühle mich sehr mit den Menschen hier verbunden. Hinzu kommt, dass meine Mutter als Politikerin schon zu Zeiten der Adenauer-Stiftung in den Räumlichkeiten hier gearbeitet hat. Es ist also wirklich eine sehr spezielle Bindung, die ich empfinde. Für mich strahlt diese Anlage sehr viel Ruhe und Beständigkeit aus. Als mich der medizinische Geschäftsführer vor ein paar Wochen anrief und fragte, ob ich spontan einspringen könne, musste ich insofern nicht lange überlegen. Das gleiche gilt natürlich für die neue Aufgabe, vor der wir jetzt stehen.

Welche Rolle spielt dabei das Thema Kinder und Jugend?
Drees: Meine berufliche Entwicklung hat in der Somatik begonnen. Parallel habe ich mich aber immer schon für die Psychiatrie, insbesondere die Kinder- und Jugendpsychiatrie interessiert. Ich hatte das im Studium auch schon als Wahlfach und habe dann auch im Bereich der Medizinischen Psychologie und Soziologie promoviert. Insofern schließt sich hier sozusagen ein Kreis. Besonders reizvoll an der Kinder- und Jugendpsychiatrie finde ich die Möglichkeit, noch vielmehr Einfluss auf die künftige Entwicklung nehmen zu können als beispielsweise in der Erwachsenenpsychiatrie. Das macht es für mich besonders interessant, zumal mich auch der Umgang mit den Kindern und Jugendlichen reizt.

Angelika: Mich hat immer schon die TCM sehr interessiert, das ist bis heute so. Ich fand das damals schon toll, dies hier so einbringen zu können, zugleich aber entwickeln sich die Dinge stets weiter und das ist auch gut so. Ich liebe Veränderung, einer meiner Leitsätze lautet: „Es bedarf Mut, die Richtung zu ändern, um den eigenen Weg zu finden".

Welchen Weg würdet Ihr denn gerne mit der KiJu gehen?
Angelika: Ich finde das, was in dem Zitat von gerade eben gesagt wird, gerade in der Kinder- und Jugendpsychiatrie enorm wichtig. Wie Leonie eben schon sagte: Das Besondere ist ja, dass die Kinder und Jugendlichen noch veränderbar sind. Ich komme ja ursprünglich aus der Erwachsenenpsychiatrie und liebe diesen Beruf auch. Für mich ist es extrem spannend, Menschen mit Störungsbildern auf ihrem Weg zu unterstützen, um wieder zu gesunden. Bei der Kinder- und Jugendpsychiatrie kommt hinzu, dass die Patient*innen viel motivierter und veränderungsbereiter sind als Erwachsene. Dass sie manchmal aber auch an Punkt in ihrem Leben geraten, wo sie durch Außeneinflüsse steckenbleiben. Gerade dann finde ich es so wichtig, sie zu unterstützen, damit sie ihren eigenen Weg gehen.

Was reizt Euch an der Idee der Doppelspitze?
Angelika: Wir Kinder- und Jugendpsychiater arbeiten eigentlich immer mit Doppelspitze – und zwar mit den Eltern. Das ist unsere Doppelspitze, denn Mutter und Vater sind für Kinder sehr, sehr wichtig. Gerade über die Eltern können wir großen Einfluss auf die Familien nehmen. Gemeinsam mit Leonie sehr ich die Möglichkeit, genau das auch ins Team einzubringen. Letztlich geht es wie bei den Eltern immer darum, zusammen im gleichen Boot zu sitzen. Und wenn ein Fehler passiert, die Kinder da rauszulassen und das Ganze zusammen zu klären. Das wäre mir im Zusammenspiel als Doppelspitze sehr wichtig. Denn wenn wir uns einig sind, schaffen wir es auch, Ruhe ins Team zu bringen.

Leonie: Der Ansatz gefällt mir. Ich glaube auch, dass wir einander sehr gut ergänzen und entlasten können und ein ähnliches Verständnis von Führung haben. Dass wir Dinge gemeinsam gut klären können, um gut als Team aufzutreten. Dazu braucht es sicherlich klare Rollen und eine klare Aufgabenverteilung, aber so weit sind wir zurzeit noch nicht. Das wird ein Thema für die ersten Wochen im neuen Jahr sein. Ich sehe in diesem Modell sehr viele Chancen. Doppelte Spitze heißt schließlich ja auch doppelte Expertise.

Angelika: Ein weiterer Punkt ist, dass wir auch unser Team komplett neu aufbauen. Es sind Mitarbeiter*innen gegangen und einige neue Mitarbeiter*innen dazugekommen. Wir werden künftig Musik- und Bewegungstherapie anbieten können und haben eine neue TCM-Therapeutin am Start. Vieles ist gerade im Aufbau. Das ist ein sehr spannender Prozess, der uns die Möglichkeit gibt, noch einmal genau zu schauen, wie wir uns ausrichten und wie wir vielleicht auch neue therapeutische Konzepte in die Klinik bringen und damit unser Spektrum erweitern. Zum Beispiel in Sachen Schematherapie. Ich denke immer sehr gerne nach vorne und glaube, dass wir gemeinsam da vieles auf den Weg bringen können.

Was meint Schematherapie genau?
Leonie: Die Schematherapie begeistert mich wirklich sehr. Dahinter verbirgt sich eine Form der Verhaltenstherapie, bei der es darum geht, Schemata, die sich im Laufe eines Lebens aus verschiedenen Erfahrungen und vielleicht auch Traumatisierungen entwickeln, zu bearbeiten. Die Schematherapie hat sehr klare Arbeitswege. Ich wusste nach der Ausbildung, die ich in diesem Bereich gemacht habe, sehr genau, wie ich vorgehen möchte. Ich kann mir vorstellen, dies perspektivisch auch in die Klinikarbeit einzubringen. Zumal sich die Therapie als sehr wirksam erwiesen hat und sowohl für die Patient*innen als auch für das Team anwendbar ist, da in der Schematherapie auch die Pfleger*innen und Erzieher*innen entsprechend ausgebildet werden. Sie verbringen sehr viel mehr Zeit mit den Kindern und Jugendlichen als wir es im ärztlichen und therapeutischen Bereich in der Regel tun. Wenn wir nachhaltige Behandlungserfolge mit unseren Patient*innen erzielen wollen, dann halte ich es auch für wichtig, dass die Kolleg*innen aus dem Pflege- und Erziehungsdienst einbezogen werden und eine gute Ausbildung erhalten. Das ganze Team sollte geschult werden und gute Weiterbildungsangebote erhalten, damit wir richtig gute Arbeit leisten können.

Das trägt ja auch zur Attraktivität als Arbeitgeber bei ...
Leonie: Auf jeden Fall. Alle Kolleg*innen, die bislang an dem Schematherapie-Curriculum teilgenommen haben, waren begeistert und arbeiten mit der Methode.

Angelika: Ich glaube, wir sind mit unseren Vorstellungen und dem Team bereits sehr gut aufgestellt und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir einen guten Start haben werden und mit viel Schwung das neue Jahr gestalten.

Leonie: Ich freue mich sehr darauf ins Rheinland zu kommen. Ich stamme ursprünglich aus Dortmund und mag das Rheinland und die Leute hier, es ist also ein klein wenig wie Nachhause kommen!

 

 

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