Psychosomatik und Ökologie

Wie wir im Gezeiten Haus Bonn den Ansatz der ganzheitlichen Psychosomatik um ökologische Aspekte erweitern und so zu einem besonderen Ort der Heilung werden, erläutert uns Dr. Clemens Boehle, Chefarzt der Gezeiten Haus Klinik Bonn.

12.02.2023

LESEZEIT: 5 MINUTEN

KATEGORIE: BURN-OUT, MENTALE GESUNDHEIT

 

Einbindung des Menschen in die Natur

Im Gezeiten Haus Bonn werden vor allem Stressfolgeerkrankungen wie zum Beispiel Depressionen und Burnout behandelt. Basis der Burnout-Therapie ist in der Regel eine ganzheitliche oder „bio-psycho-soziale“ Krankheitsauffassung, die die Patienten* sowohl mit ihrer gesamten Lebensgeschichte als auch ihrem gesellschaftlichem Umfeld betrachtet. Dabei spielen Aspekte wie Ernährung, Konsumverhalten und Mediennutzung eine wichtige Rolle – es geht immer auch darum, was passiert, wenn Systeme komplett aus dem Gleichgewicht geraten.

Die Bonner Klinik geht in ihrem Therapieansatz aber noch einen Schritt weiter. Sie hat diesen ganz im Sinne der Gründer und unter Berücksichtigung der sich verändernden Lebensbedingungen erweitert. „Unsere Philosophie beruft sich über das typische bio-psycho-soziale Modell hinaus auf etwas, das in der jahrtausendealten Tradition der chinesischen Medizin verankert ist. Sie bezieht auch den natürlichen Lebensraum und die natürlichen Grundlagen des Menschen mit ein“, erläutert Dr. Clemens Boehle, Chefarzt des Gezeiten Haus Bonn. So finden Körper, Geist, Seele, Natur und Lebensraum zusammen. Betrachtet wird nicht nur die soziale Einbindung, sondern auch die Einbindung des Menschen in die umgebende Natur – ein Aspekt, der zwischen Stadt und Land enorm variieren kann. 

Gesundheit in einem größeren Kontext

„Unsere Kliniken sind so konzipiert, dass wir einen ästhetisch gestalteten Schutz- und Erfahrungsraum für heilsame therapeutische Prozesse bieten. Das ermöglicht den Rückzug aus einer immer hektischer werdenden, vor allem urban geprägten Lebens- und Arbeitswelt“, betont Clemens Boehle. Der Großteil der Patientinnen und Patienten komme aus einem eher städtischen Kontext und suche genau diese „Grüne Oase. Häufig höre ich Sätze wie: Einfach nur hier zu sein, das tut so gut, beschreibt der Chefarzt die Wirkung des überschaubaren und reizarmen Ambientes, das Bindung und Ruhe vermittelt. Beispielhaft nennt er den Zen-Garten und den Übergang des Klinikgeländes in die weitläufigen Wälder des Kottenforstes, den er als sehr wichtigen Therapieraum sieht. Die besondere Dimension sei hier die Begegnung mit der Natur, die den Menschen als kleinen Teil, der in etwas Größeres eingebunden ist, erscheinen lasse.

Wenn Natur zum Therapieraum wird

Vor diesem Hintergrund werden die Wälder des Kottenforstes aktiv in die Therapien eingebunden, um die Patientinnen und Patienten wieder an eine achtsame Wahrnehmung heranzuführen. Dies geschieht nach dem Prinzip der Gezeiten: einem permanenten Wechsel zwischen unterschiedlichen Therapieeinheiten und Pausen zum Nachklingen und „Verarbeiten“ der Impulse. Der Spaziergang, „die Naturwege“ im Wald stellen einen elementaren Baustein des Gesamtkonzepts dar.

Völlig neu seien derartige Ansätze nicht, unterstreicht Clemens Boehle, „wir machen das schon länger, es gewinnt als Methode jedoch zunehmend an Bedeutung“. Das liege auch daran, dass es inzwischen zur Realität vieler Kliniken gehöre, Qi Gong, Akupunktur oder Yoga anzubieten. In diesem Kontext rücke auch das erweiterte Verständnis der ganzheitlichen Psychosomatik mehr und mehr in den Fokus. Zusätzlichen Aufschwung erhielt die Idee durch das zentrale politische Thema des letzten Jahres, den Klimawandel. Dessen Fortschreiten wird seiner Ansicht nach auch Auswirklungen auf die Gesundheit haben. Umso wichtiger sei es, die Patientinnen und Patienten wieder in Kontakt mit sich selbst, ihren sozialen Umgebungen und den natürlichen Lebensgrundlagen zu bringen.

Dies bewirke nicht selten eine Einsicht in die Bedeutung der Natur als zentralen Teil des Lebens, der geschützt werden müsse. „Das ist, wenn wir so wollen, eine besondere Art von Wahrnehmungsschulung, die auch als Prävention begriffen werden kann“, unterstreicht er.  „Unser Ziel ist es, Wege zu eröffnen, die dem Wesen gemäß sind und zentralen menschlichen Grundbedürfnissen gerecht werden. Wenn unsere Patientinnen und Patienten ein Verständnis für diese Dinge mitnehmen, tun wir letztlich sowohl etwas für die individuelle Gesundheit als auch für die Gesellschaft und unsere natürlichen Lebensgrundlagen.“

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