Burnout ist ein Zustand chronischer körperlicher, emotionaler und geistiger Erschöpfung, der durch anhaltenden Stress und Überlastung entsteht. Er kann zu einer Vielzahl von Folgeerkrankungen führen, sowohl psychischer als auch körperlicher Natur. Zu den häufigsten Stressfolgeerkrankungen gehören Angststörungen, Depressionen, Schlafstörungen, Magen-Darm-Probleme und chronische Kopfschmerzen. Langfristiger Stress kann auch das Immunsystem schwächen und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen.
Lehrkräfte im Burnout: Warum immer mehr Lehrer:innen Burnout bekommen
Die psychische Belastungen von Lehrkräften haben in den letzten Jahren dramatisch zugenommen. Ein Grund dafür ist der tatsächliche Mangel an Lehrer:innen und die damit verbundene Überforderung der vorhandenen Kolleg:innen. Schätzungen zu Folge sind etwa 30 % der Lehrer:innen in Deutschland Burnout gefährdet.
20.11.2023
LESEZEIT: 7 MINUTEN
KATEGORIE: BURNOUT BEI LEHRER:INNEN
AUTORIN: MAREIKE PENDEROCK
Lange galt der Lehrerberuf als einer der angesehensten und beliebtesten Berufe – ein Beruf, der nicht nur gesellschaftliche Wertschätzung genoss, sondern auch als sicher und erfüllend wahrgenommen wurde. Lehrer:innen hatten das Gefühl, eine wichtige Rolle in der Bildung und Entwicklung der nächsten Generation zu spielen und ihre Arbeit wurde geschätzt. Diese Wahrnehmung hat sich allerdings in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Immer mehr Lehrer:innen fühlen sich überfordert. Sie sind psychisch stark belastet und immer mehr erkranken ohne rechtzeitige Notbremse an Burnout und Stressfolgeerkrankungen.
Burnout unter Lehrer:innen: auch ein strukturelles Problem
Dabei ist Burnout bei Lehrer:innen nicht nur ein individuelles Problem, sondern häufig auch ein strukturelles. Der steigende Arbeitsdruck, die zunehmende Bürokratie, schwierige Schülerverhältnisse und das Fehlen ausreichender Ressourcen haben das Bild des Lehrerberufs stark belastet. Anstatt als Berufung wird er heute häufig mit Stress, Überforderung und fehlender Wertschätzung assoziiert. Viele Lehrer:innen kämpfen mit dem Gefühl, dass ihre Arbeit immer weniger anerkannt wird und die Anforderungen immer weiter steigen. Das führt dazu, dass der Lehrerberuf für viele weniger attraktiv erscheint als noch vor einigen Jahren.
Das wirkt sich auch auf die Berufswahl junger Menschen aus. Viele ziehen es vor, Berufe zu wählen, die entweder bessere Verdienstmöglichkeiten bieten oder weniger mit emotionalen und physischen Belastungen verbunden sind. Der Lehrerberuf ist daher für einige nicht mehr die erste Wahl - auch wenn sie eine Leidenschaft für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen haben.

Ursachen des Anstiegs von Burnout bei Lehrer:innen sind vielseitig
Große Klassen, anspruchsvolle Eltern, häufige Mehrarbeit und wenig Erholungsphasen: Das Arbeiten für Lehrer:innen hat sich in den letzten Jahrzehnten erheblich verändert und den Beruf zunehmend anspruchsvoller gemacht. Während der Pandemie sind mit Digitalunterricht, Lernrückständen, Personalausfall und Angst um die eigene Gesundheit noch zusätzliche Belastungen hinzugekommen. Der eigene Umgang mit Stress spielt also eine immer größere Rolle dabei, wie Lehrer:innen mit den zunehmenden Anforderungen und Belastungen im Bildungssystem umgehen können – doch selbst die stressresilienteren Lehrkräfte geraten an ihre persönlichen Grenzen.
Zunahme der Bürokratie und Verwaltungsaufgaben
Früher lag der Fokus der Lehrerarbeit primär auf dem Unterrichten. Heute sind Lehrer:innen mit einem erheblichen Anstieg an administrativen Aufgaben konfrontiert. Dazu gehören die Dokumentation von Leistungen, das Erstellen von Reports, die Teilnahme an Schulkonferenzen, die Planung und Durchführung von Evaluationen sowie das Ausfüllen von Formularen. Die zusätzliche Bürokratie hat die eigentliche Lehrtätigkeit in vielen Fällen verdrängt und führt zu einer steigenden Arbeitsbelastung, die über die eigentlichen Unterrichtsstunden hinausgeht.
Mehr Verantwortung und Aufgabenvielfalt
Lehrer:innen tragen heutzutage eine viel breitere Verantwortung. Sie sind nicht nur für den Unterricht verantwortlich, sondern auch für die soziale und emotionale Entwicklung der Schüler:innen. Oft müssen sie sich mit Verhaltensproblemen, psychischen Belastungen der Schüler:innen oder sogar familiären Schwierigkeiten auseinandersetzen. In vielen Schulen werden Lehrkräfte zusätzlich als Berater:innen oder Mediator:innen zwischen Schüler:innen, Eltern und der Schule tätig. Diese Vielseitigkeit und die hohe Verantwortung können emotional und mental sehr belastend sein.
Integration neuer Technologien
Die Digitalisierung hat auch das Klassenzimmer verändert. Lehrer:innen müssen zunehmend digitale Lehrmethoden beherrschen, Unterrichtsmaterialien und Prüfungen online verwalten und mit einer Vielzahl von technologischen Geräten arbeiten. Das bedeutet nicht nur eine zusätzliche Lernkurve, sondern auch die Notwendigkeit, ständig auf dem neuesten Stand der Technik zu bleiben. Insbesondere in Zeiten von Corona hat sich gezeigt, wie stark der digitale Unterricht mittlerweile gefordert wird, was vor allem für langjährige Lehrer:innen eine große Umstellung darstellt.
Veränderte Erwartungen von Schüler:innen und Eltern
Die Erwartungen an Lehrer:innen haben sich verändert. Es wird zunehmend erwartet, dass Lehrer:innen individuelle Förderpläne für Schüler:innen entwickeln und sich noch stärker an deren persönlichen Bedürfnissen orientieren. Eltern erwarten oft eine detaillierte Rückmeldung über die schulische Entwicklung ihrer Kinder. Und auch die Kommunikation zwischen Lehrer:innen und Eltern hat durch digitale Medien deutlich zugenommen. Diese ständige Erreichbarkeit und der oft unkritische Blick auf Lehrer:innen durch die Eltern haben die Arbeit ebenfalls anspruchsvoller gemacht.
Wachsende Klassen und Diversität
Die Klassengrößen sind in vielen Schulen gestiegen. Das führt dazu, dass Lehrkräfte immer mehr Schüler:innen betreuen müssen. Gleichzeitig sind die Klassen zunehmend heterogener geworden, was bedeutet, dass Lehrer:innen mit einer größeren Vielfalt an Lernniveaus, kulturellen Hintergründen und individuellen Bedürfnissen umgehen müssen. Differenzierung im Unterricht und individuelle Förderung erfordern mehr Planung und Zeitaufwand, was die Arbeit zusätzlich belastet.
Fehlende Ressourcen
Ein weiteres großes Problem ist die mangelnde Ausstattung an Ressourcen. Viele Schulen haben nicht die nötigen finanziellen Mittel, um Lehrer:innen mit ausreichenden Lehrmaterialien, modernen Technologien oder Unterstützungspersonal auszustatten. Lehrkräfte müssen häufig kreativ sein und eigene Materialien erstellen, was zusätzlichen Aufwand bedeutet. Die fehlende Unterstützung durch Hilfskräfte, Psycholog:innen oder Sozialarbeiter:innen macht die Arbeit für Lehrer schwieriger, insbesondere in sozialen Brennpunktschulen.
Höherer Leistungsdruck und standardisierte Tests
Der Leistungsdruck für Schüler:innen hat zugenommen und damit auch der Druck auf Lehrer:innen. Die Einführung von standardisierten Prüfungen und die verstärkte Kontrolle durch Bildungsbehörden haben den Fokus zunehmend auf messbare Ergebnisse und Noten gelegt. Lehrer:innen sehen sich oft gezwungen, den Unterricht auf Prüfungen auszurichten, anstatt kreativen und differenzierten Unterricht anzubieten. Dies kann zu Frustration und dem Gefühl führen, dass das eigentliche Ziel des Unterrichts – die Förderung von Neugier und Bildung – in den Hintergrund tritt.
Fehlende Stressresilienz erhöht das Risiko von Burnout
Die ständige Notwendigkeit, den Anforderungen gerecht zu werden, die hohe Verantwortung und die geringe Anerkennung: All diese Faktoren führen zu einer erheblichen psychischen Belastung. Für viele Lehrer:innen bedeutet das Stress, Erschöpfung und in einigen Fällen sogar ein erhöhtes Risiko für Burnout. War die Arbeit als Lehrkraft früher von einer gewissen Autonomie geprägt, wird heute zunehmend erwartet, dass sich an strenge Vorgaben und Standards gehalten wird. Das Gefühl der Selbstwirksamkeit im Beruf sinkt und führt zu Frust und Unverständniss im Kollegium.
Dr. Clemens Boehle, Chefarzt im Gezeiten Haus Bonn, beobachtet seit Jahren den dramatischen Anstieg an Lehrkräften, die an Burnout erkranken: „Einfach ausgedrückt ist der Auslöser für einen Burnout die mangelnde Fähigkeit der Stressbewältigung. Damit meinen wir, wie gut jemand in der Lage ist, sich von Stress zu erholen und die Fähigkeit den eigenen Arbeitstag trotz der negativen Faktoren zu organisieren. Wie schaffen Menschen es mit zwischenmenschlichen Problemen umzugehen und Konflikte zu lösen? Das betrifft im Fall von Lehrkräften vor allem den Umgang mit schwierigen Schüler:innen, fordernden Eltern und kritischen Kolleg:innen."
Lehrer:innen gelten zudem oft als starke und engagierte Personen. Dieses Idealbild kann ebenfalls dazu führen, dass das Engagement und die psychischen Belastungen unterschätzt oder übersehen werden. Menschen mit sozialen Berufen weisen ausserdem häufig ein bestimmte Persönlichkeitsmerkmale auf, erklärt Dr. Clemens Boehle: „Unter den Lehrer:innen gibt es viele Idealist:innen und Perfektionist:innen. Sie haben eine hohe Anspruchserwartung an sich selbst. Wenn es ihnen nicht gelingt, die Realität der Berufswelt mit den eigenen Vorstellungen in Einklang zu bringen, kann das auf Dauer nicht nur ernüchternd, sondern auch psychisch sehr belastend sein."
Zahlen zu psychischer Belastung bei Lehrkräften
Die Zahlen zur Lehrergesundheit sind alarmierend. Etwa jede dritte Lehrkraft fühlt sich überlastet¹. Die psychische Belastungen unter Lehrer:innen untersuchte unter anderem die Robert Bosch Stiftung. Die aktuelle Situation von Lehrkräften wurde 2024 in einer repräsentativen Befragung von 1.608 Lehrkräften unterschiedlicher Schulsysteme in Deutschland durchgeführt².
Die Umfrage ergab, dass ein Drittel der Lehrkräfte und Schulleitungen sich mehrmals in der Woche emotional erschöpft fühlen. Je jünger die Lehrer:innen, desto häufiger berichteten sie von Erschöpfung und Zynismus. Frauen geben der Umfrage zu Folge höhere Werte an Erschöpfungssymptomen an als ihre männlichen Kollegen. Lehrkräfte an Grundschulen gaben hierbei den höchsten Grad an Erschöpfung an.
Krankmeldungen bestätigen Umfragen
Das Sozialforschungsinstitut forsa hat im Auftrag des VBE für eine repräsentative Umfrage bundesweit 1.310 Schulleiter:innen zur Gesundheit ihrer Lehrkräfte befragt. Die Zahl der Lehrer:innen, die langfristig aufgrund von psychischen Erkrankungen ausgefallen sind, ist auch in den letzten Umfragejahren weiter angestiegen.
Aufstockung des Personals als dringendste Maßnahme
41 % sehen den dringendsten Bedarf an mehr Personal
Mehr Personal nennen 41 % aller Lehrkräfte. Hervorzuheben ist, dass jede zweite Grundschullehrkraft (51 %) dies als den aktuell dringendsten Bedarf an ihrer eigenen Schule sieht. Weniger häufig geben dies Lehrkräfte an Gymnasien (34 %) und Berufsschulen (26 %) an.
35 % der Lehrkräfte sehen Sanierungs- und Renovierungsbedarf
An zweiter Stelle zeigt ein Drittel der Lehrkräfte (35 %) dringenden Bedarf an Sanierung, Renovierung und Investition an ihrer Schule
auf.
21 % der Lehrkräfte sehen kleinere Klassen als notwendige Maßnahme
Jede fünfte Lehrkraft (21 %) fordert als dringende Maßnahme kleinere Klassengrößen. Überdurchschnittlich häufig äußern dies Lehrkräfte an Haupt-, Real- und Gesamtschulen (29 %) sowie Lehrkräfte, deren durchschnittliche Klassengröße mehr als 25 Schüler:innen beträgt.
Verhalten von Schüler:innen ist größte Herausforderung für Lehrer:innen
35 % der Lehrkräfte sehen Verhalten der Schüler:innen als größte Herausforderung
Als größte Herausforderung nehmen die Lehrkräfte das Verhalten der Schüler:innen (35 %) wahr. Die Einschätzung, dass das Verhalten der Schüler:innen aktuell die größte berufliche Herausforderung ist, wird überdurchschnittlich von Lehrkräften an Haupt-, Real und Gesamtschulen (42 %) und an Berufsschulen (46 %) angegeben.
33 % der Lehrkräfte sehen große Herausforderung in der Heterogonität der Klassen
Hier sind es vor allem Grundschullehrer:innen (45 %), die überdurchschnittlich häufig das Thema Heterogenität als psychische Belastung angeben. Für sie ist es aktuell sogar die größte Herausforderung in ihrem beruflichen Alltag.
28 % der Lehrkräfte empfinden Zeitmangel und Arbeitsbelastung als herausfordernd

Burnout und Stressfolgerkrankungen

Burnout und Stressfolgerkrankungen
Burnout ist ein Zustand chronischer körperlicher, emotionaler und geistiger Erschöpfung, der durch anhaltenden Stress und Überlastung entsteht. Er kann zu einer Vielzahl von Folgeerkrankungen führen, sowohl psychischer als auch körperlicher Natur. Zu den häufigsten Stressfolgeerkrankungen gehören Angststörungen, Depressionen, Schlafstörungen, Magen-Darm-Probleme und chronische Kopfschmerzen. Langfristiger Stress kann auch das Immunsystem schwächen und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen.
Anzeichen für Burnout bei Lehrer:innen
Burnout ist ein schleichender Prozess, der sich oft über einen längeren Zeitraum entwickelt. Die ersten Anzeichen eines Lehrer-Burnouts sind oft subtil und können sich als eine Kombination aus körperlichen, emotionalen und verhaltensbezogenen Symptomen zeigen. Typische Merkmale für einen beginnenden Burnout bei Lehrer:innen sind beispielsweise emotionale Erschöpfung und die fehlende Fähigkeit abzuschalten. Hinzu kommt das anhaltende Gefühl ausgelaugt zu sein, sodas die Leistungsfähigkeit sinkt und den hohen Anforderungen des Arbeitsalltags nicht mehr gerecht werden zu können. Daraus kann ein Teufelskreis entstehen, denn die chronische Überlastung zeigt sich auch auf körperlicher Ebene.
Typische Anzeichen für ein Burnout bei Lehrer:innen
Erhöhte Erschöpfung und Müdigkeit: Ein häufiges erstes Anzeichen ist, dass die betroffenen Lehrer:innen sich ständig erschöpft fühlen, auch nach ausreichendem Schlaf. Die Müdigkeit kann sowohl körperlich als auch geistig sein und wird oft von einem Gefühl begleitet, "ausgebrannt" oder „leer“ zu sein.
Emotionale Erschöpfung und Frustration: Lehrer:innen könnten feststellen, dass sie schneller gereizt oder frustriert sind, sowohl gegenüber Schüler:innen als auch gegenüber Kolleg:innen. Es fehlt ihnen die emotionale Energie, um mit den Herausforderungen des Unterrichts oder der Interaktion mit anderen positiv umzugehen.
Verlust der Motivation und des Engagements: Eine sinkende Motivation, sich für die Schüler:innen oder die Arbeit zu engagieren, ist ein weiteres frühes Anzeichen. Sie haben das Gefühl, dass ihre Bemühungen wenig bewirken oder dass sie die Freude an ihrer Arbeit verloren haben.
Kognitive Symptome: Probleme mit der Konzentration, das Vergessen von Aufgaben oder das Gefühl, geistig „abwesend“ zu sein, können ebenfalls Anzeichen eines Burnouts sein. Lehrer:innen erleben möglicherweise, dass sie nicht mehr in der Lage sind, ihre Gedanken zu fokussieren oder Entscheidungen zu treffen.
Körperliche Beschwerden: Häufige Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Magenbeschwerden oder ein beginnender Tinnitus können ebenfalls Zeichen eines sich anbahnenden Burnouts sein. Der Körper reagiert mit physischen Symptomen auf den anhaltenden Stress.
Isolation und Rückzug: Lehrer:innen, die beginnen, sich sozial zurückzuziehen oder weniger an Kollegengesprächen und schulischen Aktivitäten teilzunehmen, zeigen möglicherweise erste Anzeichen von Burnout. Sie meiden den Austausch und versuchen, ihre Probleme für sich zu behalten.
Pessimistische Gedanken: Ein negatives Denken, das sich in Gedanken wie „Ich kann das nicht mehr“ oder „Es hat keinen Sinn“ äußert, ist ein weiteres Anzeichen. Lehrer:innen können anfangen, die eigenen Fähigkeiten und den Wert ihrer Arbeit zu hinterfragen.
Verminderte Leistungsfähigkeit: Wenn sich die betroffenen Lehrer:innen zunehmend unfähig fühlen, ihre Aufgaben in der gewohnten Qualität und Geschwindigkeit zu erledigen, könnte dies auf die beginnende Erschöpfung durch Burnout hindeuten.
„Dies alles sind Symptome, die nicht leichtfertig übergangen werden sollten.“, warnt Dr. Clemens Boehle. „Werden die Anzeichen für einen Burnout nicht erkannt und behandelt, können sich daraus schwere psychische Folgeerkrankungen wie eine Depression, Angststörungen oder gar Suchterkrankungen entwickeln.“
Burnout-Prävention für Lehrer:innen: frühzeitig aktiv werden.
Um einem Burnout bei Lehrer:innen vorzubeugen, ist es entscheidend, frühzeitig aktiv zu werden. Der allererste Schritt zur Veränderung besteht darin, sich bewusst Zeit für Selbstreflexion zu nehmen und die eigenen Stressoren zu identifizieren. Nur wer erkennt, was ihn besonders belastet, kann gezielt gegensteuern und langfristig für mehr Ausgeglichenheit im Berufsalltag sorgen. Dabei helfen individuelle Strategien, eine Optimierung der Arbeitsstrukturen sowie Unterstützung durch die Schule und Bildungspolitik. Hier sollte jede Lehrkraft für sich persönlich schauen, welche Faktoren im Schulatltag als besondere Stressoren empfunden werden.
Grenzen erkennen und achtsamer werden
Ein wichtiger Aspekt zur Vorbeugung von Lehrer-Burnout sind eigene Grenzen zu erkennen und Möglichkeiten zu finden diese zu setzen. Dazu gehört auch eine klare Grenze zwischen Berufs- und Privatleben. Gerade hoch motivierte Lehrer:innen neigen zu Mehrarbeit, um ihren Anforderungen gerecht zu werden. Beispielsweise sollten Anfragen von Eltern oder Schüler:innen außerhalb der Arbeitszeiten nicht beantwortet werden.
▶ Achtsamkeits- und Entspannungstechniken wie Meditation, Qi Gong oder Atemübungen entschleunigen und fördern die innere Balance. Achtsamkeitsmethoden eignen sich hervorragend dazu innere Anspannungen zu lösen und somit Stress abzubauen.
▶ Körperliche Bewegung spielt eine große Rolle. Sportliche Aktivitäten - und hier ist nicht gleich langes Joggen notwendig -senken nachweislich den Stressspiegel.
▶ Der Umgang mit Stress kann trainiert werden. Es gibt zahlreiche kostenfreie Inhalte im Internet zur Stärkung der eigenen Stressresilienz. Auch zertifizierte Apps oder ein individuelles Coaching kann helfen den Umgang mit Stress zu verbessern.
▶ Zu hohe Anforderungen führen zu großem Druck. Nicht jeder Schultag sollte perfekt sein müssen. Kleine Vereinfachungen im Alltag, wie weniger detaillierte Korrekturen oder der Einsatz von Selbst- und Partnerfeedback bei Schülerarbeiten, können Zeit sparen ohne an Qualität zu verlieren.
▶ Der Austausch mit Kolleg:innen kann eine wertvolle Unterstützung sein, um Stressoren zu diskutieren und gemeinsame Lösungen zu erörtern.
▶ Negativer Stress entsteht auch durch die persönliche Bewertungen der eigenen Person. Nicht die Dinge an sich stressen, sondern die Bewertung dahinter. Hier kann ein bewältigungsorientiertes Stressmanagement dabei helfen, neue Sichtweisen zu integrieren und Stressoren immer mehr abzumildern.
Arbeitsstrukturen optimieren
Prioritäten zu setzen und sich bewusst auf das Wesentliche zu konzentrieren, kann dabei helfen, Klarheit über alle Aufgaben zu schaffen und nicht den Überblick zu verlieren. Ein effizientes Zeitmanagement gibt außerdem auch eine innere Sicherheit. Mit Methoden wie To-do-Listen oder klaren Tagesplänen kann der Arbeitsalltag erheblich vereinfacht werden. Ebenfalls kann es sinnvoll sein, sich feste Zeitblöcke für Unterrichtsvorbereitung, Korrekturen und andere Aufgaben zu reservieren, um Multitasking zu vermeiden.
▶ Aufgaben zu delegieren und stärker im Team zusammenzuarbeiten, um bestimmte Verantwortungen auf mehrere Schultern zu verteilen. Jahrgangs- oder Fachteams bieten eine Möglichkeit, sich gegenseitig zu entlasten.
▶ Unterrichtsmaterial cleverer organisieren und ein gut strukturiertes Material-Archiv anlegen. Plattformen wie Schulclouds und Lernmanagementsysteme bedeuten Zeitgewinn und erleichtern die Wiederverwendung und Austausch unter Kolleg:innen.
▶ Die Eisenhower-Matrix kann dabei helfen, Aufgaben nach Dringlichkeit und Wichtigkeit zu sortieren.
Unterstützung durch Schule und Bildungspolitik
Die Schule selbst und die Bildungspolitik sind ebenfalls entscheidende Stellschrauben. Schulen sollten gesunde Arbeitsbedingungen fördern, indem sie Maßnahmen wie Supervision, Entlastungsstunden oder Fortbildungen zur Stressbewältigung anbieten. Die Reduzierung administrativer Aufgaben kann dazu beitragen, Lehrkräfte von zusätzlicher Bürokratie zu entlasten, sodass mehr Zeit für die eigentliche pädagogische Arbeit bleibt. Auch psychosoziale Beratungsangebote oder Coachings helfen, frühzeitig Warnsignale zu erkennen und gezielt einem Burnout gegenzusteuern. Eine Kombination aus individuellen Strategien, effizienten Arbeitsstrukturen und institutioneller Unterstützung ist der Schlüssel zur langfristigen Burnout-Prävention bei Lehrkräften.

Klinik für Burnout und Stressfolgeerkrankungen
In unserer psychosomatischen Klinik für Burnout und Stressfolgeerkrankungen behandeln wir unter anderem Lehrer:innen mit psychischen und psychosomatische Erkrankungen. Unsere Ärzt:innen und Therapeut:innen unterstützen die Patient:innen dabei die Ursachen der Erkrankungen verstehen zu lernen, aufzuarbeiten und neue Lösungsstrategien in ihrem Alltag zu verankern.

Klinik für Burnout und Stressfolgeerkrankungen
In unserer psychosomatischen Klinik für Burnout und Stressfolgeerkrankungen behandeln wir unter anderem Lehrer:innen mit psychischen und psychosomatische Erkrankungen. Unsere Ärzt:innen und Therapeut:innen unterstützen die Patient:innen dabei die Ursachen der Erkrankungen verstehen zu lernen, aufzuarbeiten und neue Lösungsstrategien in ihrem Alltag zu verankern.
Fazit
Der Lehrerberuf hat sich in den letzten Jahrzehnten drastisch verändert – weg von einer geschätzten und sicheren Berufung hin zu einem zunehmend belastenden Arbeitsumfeld. Hoher Leistungsdruck, steigende Bürokratie, schwierige Schülerverhältnisse und fehlende Ressourcen haben dazu geführt, dass immer mehr Lehrkräfte unter Stress und Erschöpfung leiden. Die steigende Burnout-Rate ist nicht nur ein individuelles Problem, sondern ein strukturelles, das das gesamte Bildungssystem betrifft.
Um dem entgegenzuwirken, sind sowohl individuelle als auch institutionelle Maßnahmen notwendig. Lehrkräfte müssen lernen, ihre Grenzen zu setzen, achtsam mit sich selbst umzugehen und Stressbewältigungsstrategien in ihren Alltag zu integrieren. Gleichzeitig braucht es politische und schulische Veränderungen, um die Arbeitsbedingungen nachhaltig zu verbessern – darunter eine Reduzierung bürokratischer Aufgaben, kleinere Klassen und mehr Unterstützungspersonal. Nur durch eine ganzheitliche Prävention und strukturelle Anpassungen kann verhindert werden, dass der Lehrerberuf weiter an Attraktivität verliert und die psychische Gesundheit der Lehrkräfte langfristig geschützt wird.
Quellen:
¹Aktionsrat Bildung 2022: ARB_Gutachten_Burnout.pdf
²Robert Bosch Stiftung 2023: Deutsches Schulbarometer Befragung Lehrkräfte 2024 | Robert Bosch Stiftung
³Forsa 2023 https://www.vbe-bw.de/wp-content/uploads/2024/04/Ergebnisbericht-forsa-Umfrage-Gesundheit.pdf