Die wachsende Gefahr des Cybermobbings bei Kindern und Jugendlichen

Digitale Bedrohung? Die Zunahme von Cybermobbing bei Kindern und Jugendlichen und wie Eltern und Schulen reagieren können

17.01.2024

LESEZEIT: 3 MINUTEN

KATEGORIE: KINDER UND JUGENDLICHE, MOBBING

Was ist Cybermobbing?

In einer Welt, die zunehmend von digitalen Technologien geprägt wird, haben Kinder und Jugendliche schon in jungen Jahren Zugang zu einer Vielzahl von Möglichkeiten, um miteinander zu kommunizieren und Informationen auszutauschen. Mit dem Aufkommen dieser digitalen Ära hat deshalb auch eine besorgniserregende Entwicklung Einzug gehalten: Cybermobbing. Hierbei werden Betroffene  über soziale Netzwerke, Messaging-Apps, E-Mails oder Online-Foren belästigt, diffamiert oder bedroht. Sie werden zum Beispiel durch die Verbreitung von Gerüchten, das Teilen peinlicher Fotos oder Videos, gezielte Beleidigungen oder das Ausschließen von jemandem aus Online-Gemeinschaften schikaniert.

Diese Form von Mobbing stellt eine ernsthafte Bedrohung für die psychische Gesundheit und die soziale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen dar: Das Mobbing manifestiert sich damit sowohl online als auch in der realen Welt und es wird für die Betroffenen immer schwerer, sich der belastenden Situation zu entziehen. Die traditionelle Trennung zwischen diesen beiden Welten wird immer durchlässiger, da Opfer von Mobbing nicht nur auf dem Schulhof, sondern auch online konfrontiert werden. Auf Handy, Tablet oder Computer sind sie potenziell rund um die Uhr erreichbar, wodurch selbst der Schutz der eigenen vier Wände vor Beschimpfungen oder Verleumdungen nicht mehr gewährleistet ist. Wir beleuchten das Thema Cybermobbing in diesem Blogartikel ausführlich und erläutern wie Eltern vorbeugen und im Ernstfall helfen können.

Formen von Cybermobbing

In der digitalen Welt können soziale Normen und Hierarchien anders gestaltet sein als in der analogen Welt, es entwickelt sich eine andere soziale Dynamik. Kinder und Jugendliche können versucht sein, online eine bestimmte Rolle einzunehmen oder sich anhand von Online-Interaktionen zu profilieren, was zu Konflikten und Mobbing führen kann. Durch die Anonymität im Internet wird außerdem die Hemmschwelle der Täter:innen (auch Bullys genannt)  deutlich gesenkt und sie verstehen oft nicht, welchen Schaden sie bei den Opfern im realen Leben anrichten: Was einmal im Internet veröffentlicht wird, ist nicht mehr wirklich entfernbar. Über Kanäle wie WhatApp, Instagram, Facebook und Chatrooms wie Discord können dabei z.B. falsche Informationen verbreitet werden, um den Betroffenen aktiv zu schaden, oder sie aus einer Gruppe auszuschließen. Auch persönliche Daten wie Telefonnummern, Fotos, Videos können veröffentlicht und dazu verwendet werden, um die Opfer zu bedrohen und ihren Ruf zu schädigen. In besonders schlimmen Fällen kann es sogar zu einem Identitätsdiebstahl kommen, bei dem für die Opfer auch finanzielle Schäden möglich sind.

Warum Cybermobbing unter Jugendlichen ansteigt

Kinder und Jugendliche sind heutzutage frühzeitig und intensiv im digitalen Raum aktiv. Ab dem zwölften Lebensjahr sind praktisch alle Jugendlichen in Deutschland im Internet aktiv. Sie verbringen mittlerweile bis zu 63,7 Stunden in der Woche im Internet (Quelle: «Jugend-Digitalstudie» der Postbank). Das sind 5,7 Stunden mehr als vor der Corona-Pandemie im Jahr 2019. 2022 waren es 67,8 Stunden pro Woche. Die ständige Nutzung von Smartphones und anderen digitalen Geräten erhöht die Wahrscheinlichkeit von Konflikten und Mobbing im Online-Bereich. In der Regel sind dabei Jugendliche zwischen 11 und 15 Jahren am stärksten von Mobbing betroffen.

Eltern und Erziehungsberechtigte sind möglicherweise nicht ausreichend über die Online-Aktivitäten ihrer Kinder informiert oder verstehen nicht vollständig die Dynamik und Risiken des digitalen Raums. Dies kann dazu führen, dass Kinder und Jugendliche ungeschützter gegenüber Cybermobbing sind. Um dem entgegenzuwirken, ist es deshalb entscheidend, Kinder und Jugendliche über die Risiken des Cybermobbings frühzeitig aufzuklären, ihre Online-Aktivitäten zu steuern und eine offene Kommunikation zu fördern. Schulen, Eltern und die Gesellschaft insgesamt spielen eine wichtige Rolle bei der Schaffung eines sicheren Umfelds für junge Menschen im digitalen Zeitalter.

Welche Auswirkung hat Cybermobbing auf Kinder und Jugendiche?


Cybermobbing kann erhebliche Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche haben, sowohl auf ihre psychische Gesundheit als auch auf ihre allgemeine Entwicklung. Einige der potenziellen Auswirkungen und psychischen Schäden, vor denen man Kinder und Jugendliche schützen sollte, sind:

Emotionale Belastungen

Opfer von Cybermobbing erleben oft starke emotionale Belastungen wie Angst, Depression und Stress. Die permanente Verfügbarkeit von Online-Inhalten kann dazu führen, dass die Opfer sich schwer davon lösen können.

Geringes Selbstwertgefühl

Kontinuierliche Angriffe und negative Rückmeldungen im Online-Umfeld können das Selbstwertgefühl von Kindern und Jugendlichen erheblich beeinträchtigen. Sie beginnen möglicherweise, an sich selbst zu zweifeln und haben Schwierigkeiten, ein gesundes Selbstbild zu entwickeln.

Soziale Isolation

Cybermobbing kann zu sozialer Isolation führen, da die Betroffenen möglicherweise Angst vor weiteren Angriffen haben oder sich von ihren Peers zurückziehen, um der Online-Belästigung zu entkommen.


Schulprobleme

Opfer von Cybermobbing können Schwierigkeiten in der Schule erleben, angefangen von nachlassenden schulischen Leistungen bis hin zu Schulabsentismus aufgrund von emotionalen Belastungen und Angst vor Mobbing.


Verhaltensprobleme

Einige Kinder reagieren auf Cybermobbing, indem sie sich zurückziehen und sich in sich zurückziehen, während andere aggressiver werden können. Die psychologischen Auswirkungen können sich in Verhaltensproblemen manifestieren.


Gesundheitsrisiken:

Langfristiger Stress durch Cybermobbing kann zu physischen Gesundheitsproblemen führen, da der Körper auf die anhaltende Belastung reagiert. Schlafstörungen, Kopfschmerzen und Magenprobleme können auftreten. In extremen Fällen kann Cybermobbing zu schwerwiegenden psychischen Problemen führen, einschließlich Suizidgedanken und -versuchen. Es ist wichtig, diese Anzeichen ernst zu nehmen und professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

 

Wie können Eltern feststellen, ob ihr Kind gemobbt wird?

Es kann für Eltern eine Herausforderung sein, festzustellen, ob ihr Kind Opfer von Cybermobbing ist, da viele Jugendliche es als Schwäche empfinden und versuchen, solche Probleme zu verbergen. Dennoch gibt es einige Anzeichen, auf die Eltern achten können, um festzustellen, ob ihr Kind möglicherweise von Cybermobbing betroffen ist. Hinweise darauf können sich zum Beispiel in plötzlichen Veränderungen im Verhalten des Kindes zeigen. Dazu gehören Rückzug, Aggressivität, Reizbarkeit oder Traurigkeit. Das kann sich unter anderem in Form von plötzlichem Leistungsabfall, Vermeidung von Schule oder sozialen Aktivitäten, oder einem veränderten Schlaf- und Essverhalten zeigen.

Beobachten Sie außerdem, wie Ihr Kind digitale Geräte nutzt: Ein plötzlicher Rückzug von sozialen Medien, ein vermehrter Gebrauch oder eine auffällige Reaktion auf Nachrichten können Anzeichen sein. Wenn das Kind plötzlich den Wunsch äußert, ein neues Gerät zu bekommen oder vorhandene Geräte zu verbergen, könnte es versuchen, belastende Inhalte zu verbergen.

Es ist hier wichtig, eine offene Kommunikation mit Ihrem Kind zu pflegen. Sprechen Sie mit ihrem Kind über seine Online-Aktivitäten und ermutigen Sie es, Sie über belastende Erfahrungen zu informieren. Falls Sie den Verdacht haben, dass Ihr Kind von Cybermobbing betroffen ist, suchen Sie professionelle Hilfe, um angemessene Unterstützung zu erhalten oder sprechen Sie mit Freund:innen und Bekannten, die vielleicht schon einmal ähnliche Erfahrungen gemacht habe.

Tipps für die Eltern von Betroffenen

Setzen Sie auf Vertrauen, anstatt auf strikte Verbote. Es ist nicht sinnvoll das Online-Verhalten ihrer Kinder streng und ständig zu kontrollieren oder das Internet gänzlich abzuschalten, Sie können stattdessen Plattformen gemeinsam mit ihren Kindern erkunden oder sich erklären lassen. Wenn Erwachsene gemeinsam mit ihren Kindern das Internet erkunden, ist es ratsam, im Vorfeld über mögliche Belästigungen zu sprechen, um das Kind für eventuelle Ernstfälle zu sensibilisieren. Die Fähigkeit, auch online mit Herausforderungen umzugehen, entwickeln Kinder und Jugendliche nur dann, wenn sie sich auch in digitalen Räumen bewegen.

Letztendlich ist jedoch eine vertrauensvolle, starke Beziehung zwischen Eltern und Kind entscheidend, damit das Kind im Falle eines Problems auf die Eltern zukommt. Dazu gehört auch, dass Eltern regelmäßig ihre Unterstützung anbieten und die Anliegen ihres Kindes ernst nehmen. Falls das Kind von einem Mobbingvorfall berichtet, sollten die Eltern das Umfeld, wie zum Beispiel die Lehrkräfte oder die Schulleitung, informieren und um ein Gespräch bitten. Dabei ist es besonders wichtig, das Kind zu stärken und zu unterstützen, indem man seine Anliegen ernst nimmt. Konsultieren Sie bei Bedarf auch Psycholog:innen, Therapeut:innen oder Expert:innen im Bereich Cybermobbing, um Ihrem Kind professionelle Unterstützung zukommen zu lassen.

Im Ernstfall ist es außerdem das Bewahren von Beweisen wichtig, wie Screenshots von beleidigenden Nachrichten oder Beiträgen. Notieren Sie Datum und Uhrzeit, wann die Vorfälle stattgefunden haben. Speichern Sie alle relevanten Kommunikationsdetails wie Benutzer:innen-Namen, Plattformen und Nachrichteninhalte. Informieren Sie den Dienstanbieter (z. B. soziale Medien, Messaging-Apps) über den Vorfall. Fordern Sie, dass das Profil der Täter:innen gelöscht und der Zugriff auf den Dienst blockiert wird. Cybermobbing ist eine Straftat, Sie können die Polizei kontaktieren und eine Anzeige erstatten. Selbst wenn keine weiteren Schritte unternommen werden, werden die Täter:innen unangenehm berührt sein, dass eine Strafanzeige gegen ihn eingereicht wurde. Wenn die Situation eskaliert, sollten Eltern in Erwägung ziehen, rechtliche Schritte zu prüfen und gegebenenfalls Anzeige zu erstatten.

 

Medienkompetenz stärken in der Schule

Lehrer:innen werden mittlerweile kontinuierlich geschult, um mit den sich ständig entwickelnden Formen des Cybermobbings Schritt zu halten. Dabei liegt der Fokus nicht nur auf der Sensibilisierung der Schüler:innen, sondern auch auf der Vermittlung von Medienkompetenz. Die Schule strebt danach, ein Bewusstsein für die Risiken des Cybermobbings zu schaffen und die Schüler:innen zu verantwortungsbewusstem Online-Verhalten zu erziehen. Klare Richtlinien und Protokolle zum Umgang mit Cybermobbing wurden schon an den meisten Schulen eingeführt. Diese betonen nicht nur die Konsequenzen für Täter:innen, sondern legen auch einen starken Fokus auf den Schutz und die Unterstützung der Opfer. Lehrer:innen sind angehalten, auf Anzeichen von Mobbing zu achten und eine offene Kommunikation mit den Schüler:innen zu fördern.

Durch die Zusammenarbeit mit den Eltern wird sichergestellt, dass konsistente Botschaften über respektvolles Verhalten sowohl in der Schule als auch zu Hause vermittelt werden. Mit klaren Interventionsstrategien und einem Netzwerk von Ressourcen bietet die Schule nicht nur Schutz für Opfer, sondern geht aktiv gegen Cybermobbing vor. Diese proaktive Haltung trägt dazu bei, eine sichere und respektvolle digitale Umgebung zu schaffen und schafft gleichzeitig Bewusstsein für die Herausforderungen des Cybermobbings in der gesamten Schulgemeinschaft. Durch die enge Zusammenarbeit von Lehrer:innen, Schüler:innen und Eltern entsteht eine Allianz, die gemeinsam gegen Cybermobbing vorgeht und eine positive digitale Kultur fördert. 

Lehrer:innen tragen auch eine Verantwortung, wenn es darum geht, aktiv zu werden. Entgegen einiger Annahmen Mobbing in den meisten Fällen nicht intensiver wird, nachdem Lehrkräfte interveniert haben. Eine klare Positionierung gegen Gewalt seitens einer Lehrperson sendet ein wichtiges Signal an das Opfer sowie an den Rest der Gruppe. Diese Haltung ist auch dann relevant, wenn die Ausgrenzung von Schüler:innen außerhalb des Schulgeländes, beispielsweise in einem Klassenchat, stattfindet. Eltern sollten die Daten mittels Screenshots sichern, um die Schule einzubeziehen.

 

Zusammenfassung

Cybermobbing bei Kindern und Jugendlichen ernsthafte und langfristige Auswirkungen auf ihre psychische Gesundheit und Entwicklung haben kann. Angesichts der ständig wachsenden digitalen Welt ist es unerlässlich, dass Eltern und Lehrer:innen proaktiv handeln, um diese jungen Menschen vor den schädlichen Folgen von Online-Belästigung zu schützen. Eine ganzheitliche Herangehensweise, die Prävention, Intervention und Unterstützung umfasst, ist entscheidend. Durch die enge Zusammenarbeit von Eltern, Lehrer:innen und der Gesellschaft insgesamt können wir eine sichere digitale Umgebung für Kinder und Jugendliche fördern.

Weitere Beiträge: