Permakultur in Verbindung mit Resilienz und Achtsamkeit

Verbindung zu Resilienz, Achtsamkeit und therapeutischem Nutzen - Ein Blick mit Jakob Averbeck

29.11.2023

LESEZEIT: 2 MINUTEN

KATEGORIE: GARTEN, THERAPIEANGEBOT

Was ist Permakultur eigentlich? Wie steht sie in Verbindung zu den Themen Resilienz und Achtsamkeit? Und warum bieten wir unseren Patienten auf Schloss Eichholz diese Erfahrung der Begegnung mit der Natur an? Diesen Fragen gehen wir gemeinsam mit Jakob Averbeck, unserem Gärtner, Permaexperten und Leiter der therapeutischen Gruppen, nach.

Was ist Permakultur?

Der Begriff „Permakultur“ leitet sich von den englischen Wörtern „permanent“ und „agriculture“ ab. Wörtlich bedeutet das so viel wie „Dauerkultur“ oder „dauerhafte Landwirtschaft“. Entwickelt wurde das Konzept in den 1970er Jahren von den Australiern Bill Mollison und David Holgreen. Für seine Forschungsarbeit zu den Prinzipien der naturnahen Anbaumethoden wurde Bill Mollison 1983 mit dem alternativen Nobelpreis ausgezeichnet.

Vielfalt schafft Resilienz

Ziel der Permakultur ist es, dauerhaft funktionierende, nachhaltige und natürliche Kreisläufe in der Landwirtschaft zu etablieren. Das Vorbild für die Gestaltung von Systemen ist immer die Natur mit ihren unzähligen Ökosystemen. Ein zentrales Prinzip der Permakultur lautet: Jedes Element in einem Ökosystem erfüllt verschiedene Funktionen und jede Funktion wird dabei von verschiedenen Elementen abgedeckt. Je vielfältiger ein System also ist, desto mehr Elemente beinhaltet es und umso größer ist wiederum dessen Funktionalität. Einfach gesagt: Vielfalt schafft Resilienz! In einem gesunden Garten leben zahlreiche Tier- und Pflanzenarten sinnvoll zusammen und ergänzen sich gegenseitig. Das Prinzip der Permakultur ist somit das Gegenteil der industriellen Landwirtschaft, in der überwiegend Monokulturen bewirtschaftet werden und Resilienz häufig erst durch den Eingriff des Menschen mit chemischen Stoffen erreicht wird.

Gesunde Kreisläufe schaffen

Ebenso wichtig ist in der Permakultur das grundlegende Verständnis, mit gesunden Kreisläufen zu wirtschaften. Anstatt mit Systemen zu arbeiten, die permanent Müll, Abgase und Abflüsse produzieren, soll ein Kreislauf geschaffen werden, in dem jedes Abfallprodukt so genutzt werden kann, dass es wieder zu einer Lebensgrundlage für andere Lebewesen werden kann. Kompost ist hierfür ein gutes Beispiel: Aus Biomüll, der aus menschlicher Sicht nicht mehr zu verwenden ist, entsteht bei guter Kompostierung Humus – einer der wichtigsten lebendigen Stoffe der Erde, der zurückgeführt in den Kreislauf wiederum für neue Nahrungsmittel genutzt werden kann.

Weniger Verschwendung – mehr Bewusstheit

Der Grundgedanke langfristiger, nachhaltiger und naturnaher Systeme und Kreisläufe spielt allerdings nicht nur in der Landwirtschaft eine Rolle. Vielmehr fordert uns Permakultur zu weniger Konsum und Verschwendung, Egoismus und Zerstörung und stattdessen zu mehr Bewusstheit und Achtsamkeit auf. Dies gilt auch für die Bereiche der Energieversorgung, der Landschaftsplanung und der Gestaltung unserer sozialen Infrastruktur. Wie können wir in Zeiten des Klimawandels, des Artensterbens und der Ressourcenverschwendung zurück zu einem gesunden Umgang mit unserem Planeten finden, um die Erde auch für die zukünftigen Generationen zu erhalten? Mögliche Antworten auf diese existenziellen Fragen finden wir im Prinzip der Permakultur – teils mit verblüffend einfachen Lösungsansätzen!

Unser Gemüsegarten auf Schloss Eichholz ist ein permakultureller Bauerngarten

In einem klassischen Bauerngarten gedeihen Gemüsekulturen, Blumen und Kräuter in bunter Mischkultur nebeneinander auf den Beeten. Durch die sogenannte Vergesellschaftung von Pflanzen verschiedener Arten und Familien entsteht ein resilientes, widerstandsfähiges System. Über Pflanzenbotenstoffe begünstigen oder hemmen sich Pflanzen gegenseitig im Wachstum. Diesen Effekt nutzt die Mischkultur, indem nur
Pflanzen zusammen angebaut werden, die einen positiven Effekt aufeinander haben. Interessanterweise sind dies oft Pflanzen, die auch besonders gut zusammen schmecken, beispielsweise Zwiebeln und Möhren, Basilikum und Tomaten, Salat und Radieschen, Bohnen und Bohnenkraut.

Unser Terra-Garten und seine acht Beete

Pflanzen haben unterschiedliche Bedürfnisse, die bei der Gartenplanung beachtet werden sollten. Ein Merkmal ist der Nährstoffbedarf. Man unterscheidet zwischen Starkzehrer, Mittelzehrer und Schwachzehrer – eine Einteilung, die erkennen lässt, wie viel Stickstoff eine Pflanze für ihr gesundes Wachstum benötigt. Jeweils zwei von acht Beeten sind bei uns für schwach-, mittel- oder starkzehrende Pflanzen reserviert. Auf den übrigen zwei Beeten wachsen immer Pflanzen, die den Boden begrünen und das Erdreich lockern (Gründüngung), oder Blühpflanzen für Insekten. Jedes Jahr rückt jedes Beet um eine Position im Uhrzeigersinnweiter. Wo im Vorjahr Gründüngung wuchs, wachsen im Jahr darauf Starkzehrer, danach Mittelzehrer und schließlich Schwachzehrer. Nach drei Jahren erfolgt wieder eine Gründüngung. Erst nach acht Jahren (acht Beete) stehen die Kulturen wieder auf ihrem Ausgangsbeet. Durch diese langjährige Fruchtfolge wird der Boden niemals ausgelaugt. Schädlinge, die auf bestimmte Pflanzenfamilien spezialisiert sind, können sich nicht ausbreiten, da sie jedes Jahr eine Kultur einer anderen Pflanzenfamilie vorfinden. Außerdem wird Humusaufbau betrieben, da Gründüngung und Pflanzenreste auf dem Feld kompostiert werden – folglich wird ständig Biomasse zugeführt. Und zusätzlich wird jedes Jahr Kompost aufgetragen. Ein guter Kompost ist vermutlich die wichtigste Voraussetzung für gesunden Boden und gute Erträge. In unserem Bauerngarten auf Schloss Eichholz wachsen über zwanzig verschiedene Gemüsekulturen sowie einjährige Kräuter und zahlreiche Blumen und Heilkräuter. Chemische Pflanzenschutzmittel, synthetische und mineralische Düngepräparate und Gifte sind tabu, da sie unsere Ökosysteme belasten und/oder zerstören. Unser Ziel ist eine friedliche Koexistenz, in der Kooperation statt Konkurrenz vorherrscht. Das betrifft auch uns als Menschen: Wir möchten hier in friedlicher, achtsamer Ausrichtung gemeinsam mit der Natur gärtnern.

Permakultur und Achtsamkeit

Das Gezeiten Haus stellt den Menschen mit seiner Individualität und seinen Ressourcen in den Mittelpunkt der Behandlung. So kann ein nachhaltiger Heilungsprozess in Gang gesetzt werden. Achtsamkeit spielt dabei eine große Rolle: Sie öffnet Türen zu eigenen Ressourcen, lässt uns unser eigenes Wesen besser erkennen und gibt Stabilität. Auch in der Permakultur spielt Achtsamkeit eine Rolle. Sie wird zum Beispiel praktiziert durch unvoreingenommenes Beobachten – das kann uns einen völlig neuen Blick auf unsere Umwelt und auch uns selbst eröffnen. In einem Naturgarten können unzählige Kreisläufe, Symbiosen, Wechselwirkungen und Harmonien der Natur beobachtet werden. Wenn es uns gelingt, das Leben ebenso als ein ausbalanciertes Zusammenspiel zu betrachten, in dem alles mit allem verbunden ist und in welchem alles voneinander abhängt, dann fällt es uns auch leichter, eine Sinnhaftigkeit in allem, was uns umgibt, zu sehen. Eine solche Sichtweise kann uns dabei helfen, ein in vielerlei Hinsicht gesünderes, befreiteres Leben zu führen.

Fazit

Unser Terra π-Garten ist genau dafür geschaffen worden: er ist ein Ort der stillen Beobachtung, er bietet die Möglichkeit zur Entschleunigung und zum Sammeln von sinnesreichen Erfahrungen. Unsere Gruppe therapeutisches Gärtnern findet hier vielfältige Beschäftigungsmöglichkeiten. Auf diese Weise stärkt unser Permakulturgarten unsere psychische und körperliche Gesundheit. Ein Garten ist ein Ort der Fülle, Schönheit und Lebendigkeit. An kaum einem anderen Ort können wir so gut gleichzeitig etwas für andere und uns selbst tun, in dem wir zum Beispiel gesundes Gemüse ernten und üppige Sommerblumen wachsen sehen.

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