Holger von Jaruntowski ist TCM-Therapeut der Trauma- und Tagesklinik im Gezeiten Haus Schloss Eichholz. Er ist Heilpraktiker mit TCM-Ausbildung und Fortbildungen der TCM in China.
Schröpfen mit Feuer: So fühlt es sich an
Schröpfen mit Feuer ist eine traditionelle Methode, die auch heute noch eine wirkungsvolle Alternative zur Behandlung von Muskelverspannungen, Kopfschmerzen und innerpsychischen Zuständen ist.
29.08.2025
LESEZEIT: 10 MINUTEN
KATEGORIE: SCHRÖPFEN, TCM
AUTORIN: MAREIKE PENDEROCK
Was ist Schröpfen?
Schon seit Jahrhunderten nutzen Menschen das Schröpfen, um Verspannungen zu lösen, Schmerzen zu lindern und das Wohlbefinden zu steigern. Besonders das Feuerschröpfen fasziniert durch seine Kombination aus Wärme und Unterdruck, die tief ins Gewebe wirken. Dabei werden spezielle Schröpfgläser kurz mit einer Flamme erhitzt und auf gezielte Hautpartien gesetzt. Die Hitze erzeugt nicht nur einen sanften Unterdruck, sondern aktiviert zugleich die Haut und das darunterliegende Gewebe. Anders als bei modernen Schröpfmethoden, bei denen der Sog mechanisch erzeugt wird, spielt beim Feuerschröpfen die Wärme eine zentrale Rolle für die Sog-Wirkung.
Das Prinzip beruht auf zwei zentralen Wirkmechanismen: Unterdruck durch Wärme. Das erhitzte Glas verbraucht beim Aufsetzen den Sauerstoff und erzeugt durch Abkühlen einen Sog, der die Haut sanft anhebt, das Gewebe lockert und die Muskulatur darunter stimuliert – eine Behandlung, die Körper und Geist gleichermaßen erreicht.
Ursprung von Feuerschröpfen
Das Schröpfen ist in vielen Kulturen bekannt – von Ägypten über Griechenland bis hin zu Russland. In China ist es seit mehr als 2000 Jahren dokumentiert. In der Traditionellen Chinesischen Medizin hat sich das Feuerschröpfen besonders bei Beschwerden, die aus Sicht der TCM durch Kälte oder Feuchtigkeit im Körper verursacht werden, etabliert. In den letzten Jahren erlebt das Feuerschröpfen auch in westlichen Ländern eine Renaissance. Immer mehr Menschen schätzen das Schröpfen als wohltuende Ergänzung zu klassischen Heilverfahren. Besonders beliebt ist die Methode bei Muskelverspannungen im Nacken- und Rückenbereich, zur Unterstützung bei Erkältungsanfälligkeit oder zur Förderung der Regeneration nach körperlicher und mentaler Belastung.

Schröpfen und Meridiane
Ob mit oder ohne Feuer: Beim Schröpfen werden die Schröpfgläser gezielt auf bestimmte Körperregionen gesetzt – meist dort, wo sich Muskelverspannungen, Schmerzen oder Stauungen befinden. In der Traditionellen Chinesischen Medizin liegen viele dieser Schröpfstellen auf Meridianen – den Energieleitbahnen, durch die das Qi (Lebensenergie) fließt. Die häufigsten Zonen befinden sich am Rücken, im Brustkorb und in den Hüften und Oberschenkeln. Am Rücken verlaufen besonders der Blasenmeridian (links und rechts neben der Wirbelsäule) und auch Abschnitte des Gallenblasenmeridians. Schröpfen auf diesen Bahnen kann den Energiefluss regulieren, Stagnationen lösen und gezielt Einfluss auf zugehörige Organsysteme nehmen (z. B. Blasenmeridian → unterstützt auch Nieren- und Immunsystem).
Rücken: bei muskulären Problemen, Spannungskopfschmerzen
Brustkorb: bei Atemwegserkrankungen (vorsichtig und gezielt)
Hüften und Oberschenkel: bei muskulären Problemen
So wirkt Schröpfen mit Feuer im Körper
Aus westlich-medizinischer Sicht: Beim Schröpfen mit Feuer wird Wärme mit Unterdruck kombiniert. Die Wärme regt die Durchblutung an und lockert verspannte Muskulatur. Der Unterdruck unterstützt den Lymphfluss und kann den Stoffwechsel im Gewebe aktivieren. Dadurch strömt verstärkt Blut in den geschröpften Bereich. Durch die lokale Reizung kommt es außerdem zu einer leichten Stimulation des Immunsystems, was schmerzlindernde Effekte haben kann. Typische Reaktionen sind eine gerötete Haut oder Blutergüsse an den behandelten Stellen – diese klingen in der Regel nach einigen Tagen von selbst wieder ab.
Aus Sicht der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM): In der TCM wird Feuerschröpfen vor allem eingesetzt, um pathogene klimatische Faktoren wie Kälte oder Hitze aus dem Körper zu vertreiben, den Fluss von Qi und Blut zu harmonisieren sowie Wind von der Körperoberfläche zu „vertreiben“, etwa bei den ersten Anzeichen einer Erkältung. Der Unterdruck öffnet die Poren, sodass pathogene Faktoren wie Wind oder Feuchtigkeit leichter ausgeleitet werden können.
Ist Schröpfen gut für die Psyche?
Schröpfen wirkt in erster Linie schmerzlindernd, was letztendlich auch die Psyche positiv beeinflusst. Durch die physische Stimulation werden Endorphine freigesetzt, die als natürliche Schmerzmittel wirken, Stress reduzieren und für ein Gefühl von Wohlbefinden sorgen. Viele Menschen empfinden Schröpfen zudem als emotional entlastend, da Verspannungen und innere Anspannung nachlassen.
Studien zeigen, dass Schröpfen das vegetative Nervensystem beeinflusst und das Gleichgewicht zwischen Sympathikus (Anspannung) und Parasympathikus (Entspannung) regulieren kann¹. Ist der Sympathikus aktiv, fühlen wir uns wach, leistungsbereit und fokussiert – bei Überaktivität jedoch auch nervös, gestresst, angespannt oder schlaflos. Der Parasympathikus hingegen steht für Ruhe und Regeneration: Er fördert Verdauung, Schlaf, Heilung und innere Gelassenheit.
»Ich halte Schröpfen für ein effektives Verfahren. Ich kombiniere es gerne mit Akupunktur, Tuina und ggf. Moxen. Wie bei allen therapeutischen Verfahren, sollte vor der Behandlung aber unbedingt eine Anamnese durchgeführt werden. Besonders bei chronisch kranken und geschwächten Menschen kann Schröpfen kontraindiziert sein.«
»Ich halte Schröpfen für ein effektives Verfahren. Ich kombiniere es gerne mit Akupunktur, Tuina und ggf. Moxen. Wie bei allen therapeutischen Verfahren, sollte vor der Behandlung aber unbedingt eine Anamnese durchgeführt werden. Besonders bei chronisch kranken und geschwächten Menschen kann Schröpfen kontraindiziert sein.«
Holger von Jaruntowski ist TCM-Therapeut der Trauma- und Tagesklinik im Gezeiten Haus Schloss Eichholz. Er ist Heilpraktiker mit TCM-Ausbildung und Fortbildungen der TCM in China.
Erfahrungsbericht: Mein erstes Mal Schröpfen mit Feuer
,,Ich arbeite schon seit vielen Jahren am PC – und mein Nacken weiß das leider ganz genau. Immer wieder wache ich mit einem steifen Nacken auf und die letzten Wochen konnte ich meinen Kopf trotz Massagen und Wärmepflastern kaum noch richtig nach links oder rechts drehen. Als hätte jemand einen festen Knoten mitten in meine Schultern eingebaut. Dazu kam, dass ich in letzter Zeit schneller genervt war, als mir lieb ist. Kleinigkeiten brachten mich auf die Palme, und mein Körper fühlte sich insgesamt einfach angespannt an. Als mir eine Kollegin vorschlug, einmal Feuerschröpfen auszuprobieren, war ich zuerst skeptisch. Feuer auf meinem Rücken? Aber meine Neugierde (…und die Verspannungen!!!) waren stärker als meine Zweifel, also vereinbarte ich einen Termin bei Holger Jaruntowski, TCM-Therapeut in der Trauma- und Tagesklinik im Gezeiten Haus Schloss Eichholz.
Die Vorbereitung
Nach einer kurzen Anamnese und Erklärung, was es mit dem Feuerschröpfen auf sich hat, durfte ich es mir auch schon auf der Liege bequem machen. Als erstes wurde ich mit warmen Tüchern zugedeckt, sodass ich mich schön geschützt gefühlt habe. Mit einem neutralen angewärmten Öl lockerte der Therapeut zuerst die Verspannungen im Nacken- und Rückenbereich, sodass meine Haut sich gut durchblutet angefühlt hat und für das Schröpfen vorbereitet war. Bei der Massage fielen uns 2 besonders verspannte Punkte mittig der Schulter direkt auf, um die er sich beim Schröpfen intensiver kümmern wollte.
Das Feuerschröpfen beginnt
Dann ging es auch schon mit dem Schröpfen los: Vier warme Glocken saugten sich nacheinander erst sanft - dann etwas deutlicher an meinem Rücken fest. 2 direkt im oberen Hals-Nackenbereich und 2 weitere etwas „weiter drunter”. Der Druck fühlte sich erst ungewohnt an, aber auch erlösend. So als ob die verspannten Partien mehr „Luft” bekämen, obwohl der Druck zu spüren war. Als alle 4 Glocken platziert waren, bekam ich etwas Zeit zum Durchatmen und Eingewöhnen. Ich spürte in meinen Rücken hinein und versuchte, mit ein paar bewussten Atemzügen lockerer zu werden und mich zu entspannen.
Umsetzen der Glocken
Nach ungefähr 5 Minuten wurden die Glocken versetzt. Mit leichtem Druck zog er sie über die eingeölte Haut einfach an den nächsten Punkt. Bevor die Glocken wieder auf ihrem vorgesehen Punkten verblieben, wurden die Glocken entlang der Wirbelsäule bewegt, um auch die Nebenpartien zu lockern. Zusätzlich erklärte mir der Therapeut, dass er an die 2 bereits behandelten Hauptschmerzpunkten, sogenannte Ashi-Punkte, zwei kleinere Glocken mit integrierten Akupressurspitzen setzen möchte. Das zwickte kurz, war dann relativ aushaltbar und die Stelle fühlte sich leicht erhitzt an. Nach erneuter Ruhephase für mich, wurden die Glocken ein weiteres Mal versetzt, diesmal weiter unterhalb, wo sie bis zu Schluss verblieben.
Die Wirkung
Nachdem die Glocken mit einem leichten Ploppen wieder entfernt wurden, spürte ich eine kleine Erleichterung. Ich merkte, dass sich unterhalb der Glocken etwas Feuchtigkeit gebildet hatte, die für etwas frische Luft auf der Haut sorgte, was ich sehr angenehm fand. Die anschließenden Knet- und Klopfbewegungen über die Gliedmaßen haben auch noch mal richtig gutgetan und mir einen kleinen Frischekick gegeben. Nach dem Schröpfen bin ich erfrischt eine Runde durch den Park zum „hineinspüren“ spaziert. Deutlich hörbar war mittlerweile mein knurrender Magen. Darüber musste ich schmunzeln, da ich diesen Effekt bei mir schon vom Qi Gong kenne und ich das als Entspannungsreaktion einordne. Insgesamt fühlte ich mich energievoller als vor der Sitzung, meine Nackenschmerzen waren zwar noch da, aber ich war deutlich beweglicher als vorher.
Mein Fazit
Feuerschröpfen ist für mich eine echte Entdeckung. Mein Nacken war die nächsten Tage deutlich beweglicher und fluffiger und auch die Bereiche neben der Wirbelsäule fühlten sich gelockerter an. Feuerschröpfen hatte für mich mehr Wirkung als manch ein Besuch bei der Physiotherapie. Ich hätte nie gedacht, dass etwas so Altbewährtes so modern wirksam sein kann. Gerade für die kälteren Jahreszeiten kann ich mir sehr gut vorstellen, wieder eine Sitzung zu vereinbaren. Die Abdrücke haben sich zwar noch einige Tage gehalten, aber haben dafür auch für das ein oder andere interessante Gespräch übers Schröpfen gesorgt.
Feuerschröpfen mit Holger von Jaruntowski
Holger Jaruntowski ist TCM-Therapeut im Gezeiten Haus Schloss Eichholz und erklärt, was es mit dem Feuerschröpfen auf sich hat, wie es wirkt und wie man es anwendet.
Feuerschröpfen mit Holger von Jaruntowski
Holger Jaruntowski ist TCM-Therapeut im Gezeiten Haus Schloss Eichholz und erklärt, was es mit dem Feuerschröpfen auf sich hat, wie es wirkt und wie man es anwendet.
Anwendungsgebiete von Feuerschröpfen
Schröpfen wird vor allem eingesetzt, um Verspannungen, Schmerzen und Blockaden im Körper zu lösen. Häufige Anwendungsbereiche sind der Rücken, Nacken und die Schultern aber auch Muskelbeschwerden an Armen oder Beinen können gelindert werden. Auf psychischer Ebene wird Schröpfen genutzt, um Stress abzubauen, innere Anspannung zu lösen und das allgemeine Wohlbefinden zu steigern. Auch bei Kopfschmerzen und Migräne kommt Schröpfen gerne zum Einsatz.
Muskelverspannungen und Schmerzen im Rücken-, Schulter- und Nackenbereich
Erkältungsanfälligkeit oder beginnender Infekt („Wind-Kälte“)
Rheumatische Beschwerden
Verdauungsprobleme, die durch „Kälte im Magen“ ausgelöst werden
Feuerschröpfen und TCM im Gezeiten Haus Schloss Eichholz
Im Gezeiten Haus Schloss Eichholz behandeln wir Menschen mit psychischen und psychosomatischen Erkrankungen. Unsere Ärzt:innen und Therapeut:innen unterstützen die Patient:innen dabei, die Ursachen der Erkrankungen verstehen zu lernen, aufzuarbeiten und neue Lösungsstrategien in ihrem Alltag zu verankern. Dazu nutzen wir die verschiedenen Therapieformen der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM).
Feuerschröpfen und TCM im Gezeiten Haus Schloss Eichholz
Im Gezeiten Haus Schloss Eichholz behandeln wir Menschen mit psychischen und psychosomatischen Erkrankungen. Unsere Ärzt:innen und Therapeut:innen unterstützen die Patient:innen dabei, die Ursachen der Erkrankungen verstehen zu lernen, aufzuarbeiten und neue Lösungsstrategien in ihrem Alltag zu verankern. Dazu nutzen wir die verschiedenen Therapieformen der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM).
▶ Feuerschröpfen sollte nur von erfahrenen Therapeut:innen durchgeführt werden, da die unsachgemäße Anwendung zu Verbrennungen oder starken Gewebereizungen führen kann. Nicht geeignet ist die Methode z. B. bei Fieber oder akuten Hauterkrankungen, Blutgerinnungsstörungen, Schwangerschaft (bestimmte Areale). Bei starker Erschöpfung und diversen chronischen Erkrankungen kann Schröpfen kontraindiziert sein.
Fazit
Häufige Fragen zum Feuerschröpfen
Weitere Beiträge:
Quellen: