Boehle: Ein erster Schritt besteht darin, zur Ruhe zu kommen, innezuhalten, um sich selbst wieder spüren zu lernen. Das Ausmaß der Erschöpfung der eigenen Grenzen wahrzunehmen, was häufig erst durch eine Herausnahme aus dem aktuellen Belastungskontext durch eine Krankschreibung zu realisieren ist. Um solch einen Schritt zu gehen, muss es im Gespräch gelingen, ein Erkennen und Anerkennen der Überlastungssituation bei betroffenen Ärzt:innen herzustellen, um aus der Eskalationsspirale, den eigenen oft überhöhten ethischen Leistungsansprüchen, wie mit immer mehr Arbeit klar zu kommen, auszusteigen.
Das ist für die meisten eine sehr ungewohnte Erfahrung und braucht einige Zeit, bis sich erschöpfte Ärzt:innen mit einem Burnout die innere Erlaubnis geben, sich nun um ihr eigenes Wohlergehen zu kümmern. Aufkommende Selbstvorwürfe und Selbstabwertungen sowie Schuldgefühle müssen zunächst wahrgenommen werden, um dann im psychotherapeutischen Kontext bearbeitet werden zu können. Wenn diese ersten Schritte geschafft sind, behandeln wir Ärzt:innen einerseits mit spezifischen psychotherapeutischen Interventionen mit Fokus darauf, tief verwurzelte Muster zu erkennen, zu würdigen und diese auf den Prüfstand zu stellen. Neue, für ihre Lebenssituation passendere und ihr Wesen gemäßere Muster zu entwickeln, die insbesondere auch darauf abzielen, eine gute emotionale Kompetenz mit der Fähigkeit zur leistungsunabhängigen Selbstannahme und zum Selbstschutz zu entwickeln.