30. Psychotherapietage NRW

Nicht nur der Kontext macht den Unterschied – Einführung in die Systemische Therapie

Jede Erkenntnis ist abhängig von Beobachtern, die diese Erkenntnis gewonnen haben, alles Wissen ist in Kontexte seiner Schaffung eingebettet, alles, was wir Menschen an Gewissheiten haben, könnte auch anders sein – unter anderem diese Grundprämissen kennzeichnen die Theorien, die der Systemischen Therapie zugrunde liegen. Insoweit lässt die Aufnahme der Systemischen Therapie 2018 in den Kreis der nicht nur wissenschaftlich, sondern auch sozialrechtlich anerkannten Psychotherapieverfahren nicht nur eine große Freude darüber entstehen, dass die Krankenkassen Systemische Therapie jetzt bezahlen.

Die Notwendigkeit, Diagnosen zu stellen und menschliches Verhalten zu kategorisieren, stellt auch eine besondere Herausforderung für systemisch arbeitende Psychotherapeut:innen dar. Wie kann die Systemische Therapie ihren frischen, mutigen, kreativen Charakter im geordneten Kassensystem bewahren, wie kann sie sinnvoll integriert werden in die bestehenden Strukturen, wie kann sie diese bereichern, erweitern und verändern? Systemische Therapie betrachtet den Menschen umfassend: zugleich als biologisches, psychisches und als soziales Wesen, das auf ein Du, auf soziale Gemeinschaft angewiesen ist. Biologische, psychische und soziale Teile sind dabei voneinander abhängig und beeinflussen sich gegenseitig. Der Mensch konstruiert aus seinen Wahrnehmungen und den Bedeutungen, die er ihnen gibt, seine Wirklichkeit und legt sie damit fest, gestaltet somit seine subjektive Wirklichkeit jederzeit aktiv selbst. Sprache hat in diesem Zusammenhang eine große Bedeutung, und eine Veränderung der Art, wie und worüber gesprochen wird, wird als eine Ermöglichung von Veränderungen von Verhalten verstanden. Es geht dabei weniger um einfach beobachtbares objektivierbares Verhalten, sondern um Sinnbezüge und Bedeutungen für Verhalten.

Menschen werden als denkende und fühlende Wesen betrachtet und die Wirkung der Gefühle auf das Denken wird im Sinne von Selbstorganisation als sowohl motivierend als auch als prägend und gestaltend verstanden. Menschen werden als autonome Wesen gesehen, die Verantwortung für sich und ihre Umwelt tragen. Respekt und Wertschätzung dieser Autonomie gegenüber ist zentrales Element der Systemischen Therapie, das nur zeitweise, etwa aus der Notwendigkeit, Selbst- oder Fremdgefährdung zu verhindern, aufgehoben werden darf. Klinische Vorlesungen Inhalte 26 27 In der Vorlesung werde ich einige Wurzeln, aus denen diese Kennzeichen der Systemischen Therapie entstanden sind, darstellen, außerdem die Grundlagen des therapeutischen Konzeptes, das Menschenbild und die therapeutische Grundhaltung in der Systemischen Therapie. Weitere Inhalte der Vorlesung sind die Wirkfaktoren und die generischen Prinzipien der Psychotherapie, wie sie in der systemischen Therapie umgesetzt sind, die Gestaltung von Therapiekontext und Therapieprozess in der Systemischen Therapie und Interventionsmethoden und Werkzeuge. Das ein oder andere werde ich auch demonstrieren. Zuletzt werde ich einige Settings, in denen systemisch gearbeitet werden kann, referieren und Beispiele für die Umsetzung von systemischen Konzepten im stationären Rahmen geben. Bitte bringen Sie gerne Fragen und die Bereitschaft, ab und zu aufzustehen, mit!

Update EMDR

Seit Juni 2024 kann EMDR (Eye Movement Desentitization and Reprocessing) in Kombination mit allen sozialrechtlich anerkannten Psychotherapieverfahren auch in Deutschland abgerechnet werden. Ende der späten 1980er hat Francine Shapiro es entdeckt und seitdem entwickelt und verbreitet es sich ständig weiter. Anfangs nur bei Traumafolgestörungen eingesetzt, zeigt sich inzwischen, dass die Methode auch bei vielen anderen psychischen Störungen wirksam ist. So findet die EMDR zum Beispiel Anwendung bei Depressionen, Ängsten, Schmerzen, Persönlichkeitsstörungen etc. Das Update gibt eine Übersicht über Grundlagen, aktuelle Entwicklungen und Erfahrungen mit EMDR in ambulanten und klinischen Settings. Das Seminar richtet sich an ärztliche und psychologische Psychotherapeut:innen.

Mehr zu Dr. med. Susanne Altmeyer