Das Ressourcentrüffelschwein

18.01.2024 | Psychologie Heute | Dr. Susanne Altmeyer

In der 51. Ausgabe des Magazins „Psychologie Heute“ beschreibt Dr. Susanne Altmeyer die therapeutische Behandlung einer Patientin, die schwere traumatische Erfahrungen in ihrer Kindheit, darunter sexuellen Missbrauch durch ihren Vater, erlebt hat. Nachdem die Patientin keine weiteren Fortschritte in der ambulanten Therapie erzielte, nahm ihr behandelnder Therapeut mit einer ungewöhnlichen Idee Kontakt zu Dr. Susanne Altmeyer, Chefärztin der Traumaklinik im Gezeiten Haus Schloss Eichholz, auf.

„Ich trete mit einer ungewöhnlichen Bitte an Sie heran: Seit vielen Jahren arbeite ich mit EMDR und weiß mir mit einer langjährigen Patientin, die frühkindlichen sexuellen Missbrauch durch ihren Vater erlitt, keinen Rat mehr.“ Die Patientin hatte eine Biografie voller Traumata, darunter ein Starkstromunfall, Missbrauchserfahrungen und mehrere persönliche Verluste. Trotz Bemühungen ihrer Therapeuten fühlte sie sich nicht stabil genug, um ihre traumatischen Erfahrungen zu verarbeiten. Inspiriert durch einen Vortrag zum Thema Intensiv-Therapie mit EMDR schlug ihr behandelnder Therapeut Susanne Altmeyer eine einwöchige Intensivtherapie mit EMDR vor.

Wo in der Traumaklinik im Gezeiten Haus Schloss Eichholz in der Regel bis zu drei EMDR-Therapieeinheiten pro Woche angeboten werden, standen in diesem Fall nach reichlicher Vorplanung und Rücksprache mit der Patientin erstmals 27 Stunden EMDR auf dem Therapieplan.

„Es war ein Experiment, auf das ich mich vor allem aus zwei Gründen einließ: Zum einen gab es ermutigende Erfahrungen von Kolleginnen aus Großbritannien und den Niederlanden, die fast zu schön waren, und ich war neugierig, ob wir das auch hinbekommen könnten.“, begründet Dr. Susanne Altmeyer in der „Psychologie Heute“ ihre Entscheidung für den Versuch.

Die Therapie begann mit einer gründlichen Vorbereitung und einer genauen Therapie-Planung, die auf den belastendsten Erinnerungen der Patientin basierte. Während der Therapie wurden verschiedene traumatischen Ereignisse systematisch bearbeitet, wobei die Patientin durch den gesamten Prozess begleitet und unterstützt wurde. Frau Dr. Altmeyer stellte sich der Patientin anfangs als "Ressourcentrüffelschwein" vor, dessen Aufgabe es ist, sie mit ihren eigenen Kraftquellen und Ressourcen in Verbindung zu bringen. Trotz der emotionalen Intensität der Behandlung fühlte sich die Patientin am Ende der Therapie erleichtert und befreit von ihren Traumata.

Dr. Susanne Altmeyer dokumentierte den Verlauf der Therapie und verfolgte die Fortschritte der Patientin auch nach Abschluss der Behandlung. Die Patientin berichtete von einer deutlichen Verbesserung ihres Wohlbefindens und dankte Dr. Susanne Altmeyer für ihre Unterstützung und ihr Engagement während des Therapieprozesses.

Der ausführliche Patientenfall lässt sich in Dr. Susanne Altmeyers Buch "Der Guhl, das ganz Kleine und die tentakeligen Monster - Systemisches Protokoll einer EMDR-Intensivtherapie" nachlesen.

Dr. med. Susanne Altmeyer ist Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Systemische Psychotrauma- und EMDR-Therapeutin. Seit 2016 ist sie Chefärztin der Traumaklinik im Gezeiten Haus Schloss Eichholz.

2021 erschien ihr Buch Der Guhl, das ganz Kleine, und die tentakeligen Monster - Systemisches Protokoll einer EMDR-Intensivtherapie (Shaker 2021).