Sommerdepressionen – was hinter der saisonal-affektiven Störung steckt

Interview mit der Chefärztin Dr. Susanne Altmeyer der Trauma- und Tagesklinik im Gezeiten Haus Schloss Eichholz

01.07.2023

LESEZEIT: 3 MINUTEN

KATEGORIE: DEPRESSIONEN

 

Was ist eine Sommerdepression und was verbirgt sich hinter dieser saisonal-affektiven Störung (SAD)? Dieser Fragestellung gehen wir gemeinsam mit Dr. Susanne Altmeyer, Chefärztin im Gezeiten Haus, in einem Interview auf den Grund. Susanne Altmeyer leitet seit 2016 die Traumaklinik und seit 2019 auch die psychosomatische Tagesklinik in Wesseling und kann aus eigener Erfahrung mit Patienten* von diesem Phänomen berichten.

 

Was verstehen wir unter einer Sommerdepression?

Altmeyer: Wir sprechen von einer saisonal-affektiven Störung, wenn die Beschwerden wie Antriebslosigkeit, Freudlosigkeit und depressive Verstimmung immer wieder in einer bestimmten Jahreszeit auftreten und auch innerhalb dieser wieder verschwinden. Meistens ist das im Herbst oder Winter, so dass in Fachkreisen auch von Winterdepression gesprochen wird. Das Pendant Sommerdepression ist eher ein populärwissenschaftlicher Begriff und betrifft auch deutlich weniger Menschen. Diese zeigen in den Monaten Juni bis September, die von vielen Menschen als besonders schön und freudvoll empfunden werden, depressive Phänomene. Ich persönlich finde den Begriff eher problematisch, da er das Leid, das Depressionen für Menschen bedeuten kann, verharmlost. Depressiven Störungen, insbesondere auch rezidivierenden depressiven Störungen, liegen oft neben einer bestimmten genetischen Veranlagung Stress und Traumatisierungen in frühen Lebensphasen zu Grunde. Leichte Stimmungsschwankungen, die durch Umweltfaktoren wie das Wetter beeinflusst oder ausgelöst werden, würde ich nicht als Depression bezeichnen. 

 

Gibt es wissenschaftlich Hintergründe zu diesem Phänomen?

Altmeyer: Mir sind keine wissenschaftlichen Studien zu diesem Thema bekannt, es gibt aber verschiedene Erklärungsansätze. Eine Theorie besagt, dass es die veränderten Licht- und Temperaturverhältnisse im Sommer sind, die sich besonders auf den Hormonhaushalt von Menschen auswirken können. Die hohe Lichtintensität beeinflusst sozusagen das hormonelle Gleichgewicht und bringt es durcheinander. Bekannter ist dies aber bei der Winterdepression, bei der eben Licht fehlt, was negative Auswirkungen auf das hormonelle Gleichgewicht haben kann.

 

Welche konkreten Beschwerdemuster treten bei einer Sommerdepression auf?

Altmeyer: Es zeigen sich sowohl bei Winter- als auch dieser sogenannten Sommerdepression die typischen depressiven Symptome wie Antriebslosigkeit, Freudlosigkeit, Stimmungstief sowie Unruhezustände, Appetitlosigkeit, Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen etc. 

 

Welche Empfehlung geben Sie bei dem Erkennen solcher Symptome?

Altmeyer: Die Empfehlungen sind die gleichen wie bei allen anderen Arten von depressiven Erkrankungen. Als wirksam hat sich, je nach Schweregrad der Erkrankung, Psychotherapie erwiesen und nur in bestimmten sehr schweren Fällen eine zusätzliche Behandlung mit Antidepressiva. Es gibt die Möglichkeit der ambulanten Psychotherapie, dann aber in komplizierteren Fällen auch die stationäre oder tagesklinische Behandlung, in der zusätzlich zur Einzelpsychotherapie eine Kombination aus Gruppenangeboten und TCM-basierten körpertherapeutischen Angeboten hilfreich ist. Sehr gute Erfahrungen haben wir auch mit der Anwendung von EMDR bei depressiven Störungen machen können.

Bei leichten depressiven Verstimmungen sind oft folgende Bücher hilfreich:

  • Kummer aller Art von Mariana Leky
  • Stille ist von Manu Theobald
  • Machen Sie doch, was Sie wollen! Von Maja Storch
  • Komm, ich erzähl dir eine Geschichte von Jorge Bucay

Menschen mit Depressionen hilft manchmal:

  • Mein schwarzer Hund von Matthew Johnstone
  • Mit dem schwarzen Hund leben von Ainsley und Matthew Johnstone
  • Die Königin der Farben von Jutta Bauer

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